Seite 65 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Seth und Henoch
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11
. Nur noch auf irdischen Wohlstand und weltliches Vergnügen
bedacht, vernachlässigten sie allmählich Gottes Gebote. Die Men-
schen „haben ihn nicht gepriesen als einen Gott“, „sondern haben
ihre Gedanken dem Nichtigen zugewandt, und ihr unverständiges
Herz ist verfinstert“. Deshalb „hat sie auch Gott dahingegeben in
verworfenen Sinn, zu tun, was nicht taugt“.
Römer 1,21.28
. Wie
tödlicher Aussatz breitete sich die Sünde nun über die Erde aus.
Nahezu tausend Jahre lebte Adam als Zeuge für die Folgen der
Sünde. Vertrauensvoll suchte er gegen die Flut des Bösen anzu-
kämpfen. Ihm war ja aufgetragen worden, seine Nachkommen in
den Wegen Gottes zu unterweisen, und so bewahrte er sorgfältig, was
Gott ihm offenbart hatte, um es den nachfolgenden Geschlechtern
zu wiederholen. Kindern und Kindeskindern bis zur neunten Gene-
ration schilderte er ihren heiligen, glücklichen Zustand im Paradies.
Er erzählte ihnen oft von seinem Fall und den Leiden, durch die
Gott ihn die Notwendigkeit lehrte, sich unbedingt an sein Gesetz zu
halten. Und weiter erklärte er ihnen, welche Vorkehrungen Gott in
seiner Gnade zu ihrer Errettung getroffen hatte. Doch achteten nur
wenige auf seine Worte. Und wie oft mußte er sich bittere Vorwürfe
anhören, weil die Sünde soviel Leid über die Nachwelt gebracht
hatte.
Adams Lebenszeit war angefüllt von Sorge in Demut und Reue.
Als er Eden verließ, erfüllte ihn der Gedanke an das Sterbenmüs-
sen mit Schrecken. Was die grauenvolle Wirklichkeit des Todes für
die menschliche Familie bedeutete, erfuhr er, als sein erstgeborener
Sohn Kain der Mörder seines Bruders wurde. Wegen seiner Schuld
von ärgsten Gewissensbissen gequält, war Adam außerdem durch
Abels Tod und Kains Verwerfung in zweifacher Weise beraubt und
von Kummer niedergedrückt. Er sah die immer mehr um sich grei-
fende Verderbtheit, die schließlich den Untergang der Welt durch
eine Flut herbeiführen mußte. Das vom Schöpfer ausgesprochene
Todesurteil war ihm zuerst schrecklich erschienen. Nachdem er aber
beinahe tausend Jahre lang die Folgen der Sünde hatte ansehen müs-
sen, empfand er es als Gnade, als Gott seinem leidgeprüften und
sorgenvollen Dasein ein Ende setzte.
Trotz der Bosheit der vorsintflutlichen Welt war das keine Zeit
der Unwissenheit und Barbarei, wie oft vermutet worden ist. Die
damaligen Menschen waren durchaus in der Lage, einen hohen sitt-
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