Seite 688 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
Und die Menge erwiderte wie „eine Stimme großer Wasser“
(
Offenbarung 19,6
) mit hinreißender Kraft: „Es ist der Herr Zebaoth;
er ist der König der Ehre.“
Psalm 24,7-10
.
Dann wurden die Tore weit geöffnet, die Prozession zog ein, und
in ehrfurchtsvoller Scheu setzte man die Bundeslade in dem Zelt
nieder, das zu ihrer Aufnahme vorbereitet war. Vor der geweihten
Einfriedung waren Opferaltäre errichtet worden. Der Rauch von
Dank- und Brandopfern und Weihrauchwolken stiegen mit Israels
Lob- und Bittgesängen gen Himmel. Der Gottesdienst endete mit
dem Segen, den der Herrscher selbst über sein Volk sprach. Dann
ließ David mit königlicher Freigebigkeit Speisen und Getränke zur
Erfrischung der Teilnehmer austeilen.
An diesem Gottesdienst, dem feierlichsten Ereignis in der bis-
herigen Regierungszeit Davids, nahmen Vertreter aller Stämme teil.
Gottes Geist hatte auf David geruht. Als die letzten Strahlen der
untergehenden Sonne das heilige Zelt mit schimmerndem Glanze
vergoldeten, richteten sich des Königs Gefühle dankbar zu Gott
empor, dessen gesegnetes Zeichen seiner Gegenwart dem Throne
Israels nun nahe war.
Sinnend kehrte David in seinen Palast zurück, „seinem Haus den
Segensgruß zu bringen“. Aber dort war jemand, der das freudige Ge-
schehen, das David bewegte, mit ganz anderen Gefühlen betrachtete.
„Als die Lade des Herrn in die Stadt Davids kam, guckte Michal, die
Tochter Sauls, durchs Fenster und sah den König David springen und
tanzen vor dem Herrn und verachtete ihn in ihrem Herzen.“ In der
Bitterkeit ihres Zornes konnte sie es nicht erwarten, bis David den
Palast betrat, sondern ging ihm entgegen und überschüttete ihn auf
seinen freundlichen Gruß mit einer Flut kränkender Worte. Scharf
und schneidend war die Ironie ihrer Rede: „Wie herrlich ist heute
der König von Israel gewesen, als er sich vor den Mägden seiner
Männer entblößt hat, wie sich die losen Leute entblößen!“
2.Samuel
6,16.20
.
David spürte sofort, Michal verachtete und entehrte damit den
Gottesdienst; deshalb antwortete er streng: „Ich will vor dem Herrn
tanzen, der mich erwählt hat vor deinem Vater und vor seinem ganzen
Hause, um mich zum Fürsten zu bestellen über das Volk des Herrn,
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über Israel, und ich will noch geringer werden als jetzt und will
niedrig sein in meinen Augen; aber bei den Mägden, von denen du