Seite 692 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
auszudrücken, schickte David Gesandte mit einem Beileidsschreiben
zu Hanun, dem Sohn und Nachfolger des Ammoniterkönigs, und ließ
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ihm sagen: „Ich will Hanun, dem Sohn des Nahasch, Freundschaft
erweisen, wie sein Vater mir Freundschaft erwiesen hat.“
2.Samuel
10,2
.
Aber seine höfliche Geste wurde völlig mißverstanden. Die Am-
moniter haßten den lebendigen Gott und waren Israels erbitterte
Feinde. Nahaschs scheinbare Freundlichkeit gegenüber David ent-
sprang nur der Feindseligkeit gegen Saul als dem König Israels. Nun
legten Hanuns Ratgeber Davids Botschaft ganz falsch aus. Es „spra-
chen die Obersten der Ammoniter zu ihrem Herrn Hanun: Meinst
du, daß David deinen Vater vor deinen Augen ehren wolle, wenn er
Tröster zu dir gesandt hat? Meinst du nicht, daß er dazu seine Boten
zu dir gesandt hat, damit er die Stadt erforsche und erkunde und
zerstöre?“
2.Samuel 10,3
. Nahaschs Räte waren es gewesen, die ihm
vor einem halben Jahrhundert jene grausame Bedingung gegenüber
den Einwohnern von Jabesch in Gilead nahelegten, als sie, von den
Ammonitern belagert, um Frieden baten. Nahasch hatte das Recht
gefordert, allen das rechte Auge auszustechen. Die Ammoniter er-
innerten sich noch gut, wie der König von Israel ihren grausamen
Plan zunichte gemacht und die Stadt befreit hatte, deren Einwoh-
ner sie demütigen und verstümmeln wollten. Dieser Haß auf Israel
bestand noch immer. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, daß
Davids vornehme Gesinnung ihn zu seiner Botschaft veranlaßt hatte.
Wenn Satan die Sinne der Menschen beherrscht, entstehen Neid und
Argwohn, womit die besten Absichten mißdeutet werden. Hanun
hörte auf seine Räte; er sah in Davids Gesandten Kundschafter und
überhäufte sie mit Spott und Hohn.
Die Ammoniter durften ihren bösen Entschluß uneingeschränkt
zur Ausführung bringen, damit David ihr wahres Wesen erkennen
konnte. Es war nicht Gottes Wille, daß Israel ein Bündnis mit diesem
hinterlistigen Heidenvolk einging.
Wie heute war auch im Altertum ein Gesandter unantastbar.
Nach allgemein gültigem Völkerrecht sollte er gegen persönliche
Verletzung oder Kränkung geschützt sein. Er galt als der Vertreter
seines Herrschers, bei dem jede ihm zugefügte Beleidigung sofortige
Vergeltung erheischte. Die Ammoniter wußten also, diese Beleidi-
gung Israels blieb nicht ungerächt, und so rüsteten sie zum Kriege.