Seite 709 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Absaloms Aufruhr
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Vater mit seinem Segen. Nun war die Verschwörung reif. Seiner
Scheinheiligkeit setzte Absalom dadurch die Krone auf, daß er nicht
nur den König täuschen, sondern auch das Vertrauen des Volkes zu
ihm festigen und es zur Empörung gegen den von Gott erwählten
König verleiten wollte.
Absalom brach nach Hebron auf. „Es gingen aber mit Absalom
zweihundert Mann von Jerusalem, die geladen waren, und sie gingen
ohne Argwohn und wußten nichts von der Sache.“
2.Samuel 15,11
.
Diese Männer begleiteten ihn und ahnten nicht, daß ihre Anhäng-
lichkeit an den Sohn sie in einen Aufstand gegen den Vater hineinriß.
Unmittelbar nach der Ankunft rief Absalom Ahithophel zu sich. Das
war einer der wichtigsten Ratgeber Davids, der im Rufe großer Weis-
heit stand und dessen Ansicht man für so gewiß und klug hielt wie
ein Orakel. Dieser Ahithophel schloß sich den Verschwörern an. Mit
seiner Unterstützung schien Absaloms Erfolg völlig sicher zu sein,
zumal nun viele einflußreiche Männer aus allen Teilen des Landes
zu seinen Fahnen eilten. Als die Posaune zum Aufruhr blies, ver-
breiteten Kundschafter des Prinzen im ganzen Lande die Nachricht,
Absalom sei König geworden. Darauf sammelte sich viel Volks um
ihn.
Unterdessen drang der alarmierende Ruf bis zum König nach
Jerusalem. David schreckte auf; in nächster Nähe des Thrones war
eine Empörung ausgebrochen! Der eigene Sohn, den er so liebte und
dem er vertraute, griff nach der Krone und trachtete ihm zweifellos
auch nach dem Leben. In dieser großen Gefahr schüttelte David alle
Niedergeschlagenheit ab, die ihn schon so lange belastete. Mit dem
Eifer früherer Jahre schickte er sich an, der schwierigen Lage zu be-
gegnen. Bei Hebron, etwa dreißig Kilometer entfernt, hatte Absalom
seine Streitmacht gesammelt. Bald würden sie vor Jerusalem stehen.
Von seinem Palast blickte David auf seine Hauptstadt: „Schön
ragt empor der Berg Zion, daran sich freut die ganze Welt, ... die
Stadt des großen Königs.“
Psalm 48,3
. Ihn schauderte bei dem
Gedanken, daß sie Gemetzel und Verwüstung erleben sollte. War
es richtig, daß er alle Königstreuen zu Hilfe rief, um mit ihnen die
Stadt zu halten? Durfte er ein Blutbad in Jerusalem zulassen? Sein
Entschluß war gefaßt. Die erwählte Stadt sollte den Kriegsschrecken
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nicht ausgesetzt werden. Er würde Jerusalem verlassen und die
Treue seines Volkes auf die Probe stellen, indem er ihm Gelegenheit