Seite 710 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
gab, sich zu seiner Unterstützung zu sammeln. In dieser schweren
Entscheidung war er es Gott und seinem Volk schuldig, die ihm
vom Himmel verliehene Autorität zu behaupten. Den Ausgang des
Kampfes überließ er Gott.
Schmerzerfüllt und gedemütigt schritt David aus dem Stadttor
Jerusalems. Durch den Aufstand seines Lieblingssohnes war er vom
Thron, aus dem Palast und von der Lade Gottes vertrieben. In lan-
gem, traurigem Zuge schloß sich ihm das Volk an wie zu einem
Begräbnis. Davids Leibwache, die Krether und Plether, und sechs-
hundert Gathiter unter dem Befehl Ittais begleiteten ihn. In der ihm
eigenen Selbstlosigkeit wollte David diese Fremden, die einst Schutz
bei ihm gesucht hatten, nicht in sein Unglück hineingezogen wissen.
Er war überrascht, daß sie zu diesem Opfer für ihn bereit waren. Dar-
um sagte der König zu Ittai: „Warum gehst du auch mit uns? Kehre
um und bleibe bei dem neuen König, denn du bist ein Ausländer
und von deiner Heimat hierher gezogen. Gestern bist du gekommen,
und heute sollte ich dich mit uns hin- und herziehen lassen? Denn
ich muß gehen, wohin ich gehen kann. Kehre um und nimm deine
Brüder mit dir; dir widerfahre Barmherzigkeit und Treue.“
2.Samuel
15,19.20
.
Ittai antwortete: „So wahr der Herr lebt, und so wahr mein Herr
und König lebt: wo immer mein Herr, der König, ist, es gerate zum
Tod oder zum Leben, da wird dein Knecht auch sein.“
2.Samuel
15,21
. Diese Männer hatten sich vom Heidentum zu Jahwe bekehrt,
in edler Gesinnung blieben sie jetzt ihrem Gott und dem König treu.
In seiner scheinbar verlorenen Lage nahm David ihre Anhänglichkeit
dankbar an, und so zogen sie über den Bach Kidron der Wüste zu.
Wiederum hielt der Zug an. Eine Gruppe Männer in geistlichen
Gewändern näherte sich ihnen. „Und siehe, Zadok war auch da
und alle Leviten, die bei ihm waren, und sie trugen die Lade des
Bundes Gottes.“
2.Samuel 15,24
. Davids Begleiter faßten das als
gutes Zeichen auf. Dieses heilige Sinnbild war für sie ein Unterpfand
ihrer Errettung und des endgültigen Sieges. Seine Gegenwart würde
dem Volk Mut machen, sich dem König anzuschließen. Sein Fehlen
in Jerusalem mußte dagegen Absaloms Anhänger erschrecken.
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Beim Anblick der Bundeslade ging es David für einen Augen-
blick vor Freude durch und durch. Aber bald bewegten ihn andere
Gedanken. Als der berufene Herrscher über Gottes Erbe trug er