Seite 712 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
angeschlossen habe. Wieder mußte David in diesem Unglück die
Folgen seiner Sünde erkennen. Die Treulosigkeit Ahithophels, dieses
überaus fähigen und zugleich schlauen Politikers, war Rache für die
Schmach an seiner Enkelin Bathseba.
Und David sprach: „Herr, mache den Ratschlag Ahithophels zur
Torheit!“ Auf dem Ölberg beugte er sich zum Gebet, warf seine See-
lenlast auf Gott und flehte demütig um göttliche Gnade. Seine Bitten
schienen augenblicklich erhört zu werden, denn der Arkiter Huschai,
ein kluger, tüchtiger Ratgeber, der sich als aufrichtiger Freund Da-
vids bewährt hatte, kam jetzt zu ihm mit zerrissenen Kleidern und
Erde auf dem Haupt, um das Los des entthronten, flüchtigen Königs
zu teilen. Wie durch göttliche Erleuchtung erkannte David, daß er
gerade diesen treuen, redlichen Mann in der Hauptstadt brauchte,
um die königlichen Anliegen in den Ratsversammlungen zu wahren.
Auf seine Bitte ging Huschai nach Jerusalem zurück, um Absa-
lom seine Dienste anzubieten und Ahithophels listige Ratschläge zu
vereiteln.
Mit diesem Hoffnungsschimmer nach der Ungewißheit setzten
der König und seine Begleiter ihren Weg über den Ostabhang des
Ölberges fort. Hinab ging es durch felsige, unbewohnte Einöden und
Bergschluchten auf steinigen, jäh abstürzenden Wegen zum Jordan.
„Als aber der König David nach Bahurim kam, siehe, da kam ein
Mann von dort heraus, vom Geschlecht des Hauses Saul, der hieß
Simei, der Sohn Geras; der kam heraus und fluchte und warf mit
Steinen nach David und allen Großen des Königs David, obwohl
das ganze Kriegsvolk und alle seine Helden zu seiner Rechten und
Linken waren. So aber rief Simei, als er fluchte: Hinaus, hinaus,
du Bluthund, du ruchloser Mann! Der Herr hat über dich gebracht
alles Blut des Hauses Sauls, an dessen Statt du König geworden bist.
Jetzt hat der Herr das Königtum gegeben in die Hand deines Sohnes
Absalom; und siehe, nun steckst du in deinem Unglück, denn du bist
ein Bluthund.“
2.Samuel 16,5-8
.
Solange es David gutgegangen war, hatte Simei mit nichts zu
erkennen gegeben, daß er kein guter Bürger war. Aber im Elend des
Königs offenbarte dieser Benjaminit seine wahre Gesinnung. Als
David den Thron innehatte, zollte er ihm die nötige Ehre, aber in
seiner Erniedrigung fluchte er ihm. Dabei hielt er auch andere für
so falsch und selbstsüchtig, wie er selber war. Auf Anstiften des
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