Seite 720 - Patriarchen und Propheten (1999)

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Patriarchen und Propheten
der die erste Heeresgruppe befehligte, am König vorbeimarschierte,
neigte dieser Sieger in hundert Schlachten sein stolzes Haupt, um
den letzten Bescheid des Monarchen zu hören, der ihm mit bebender
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Stimme sagte: „Verfahrt mir schonend mit meinem Sohn Absalom!“
Abisai und Ittai erhielten denselben Befehl: „Verfahrt mir schonend
mit meinem Sohn Absalom!“
2.Samuel 18,5
. Des Königs Sorge
schien zu besagen, daß Absalom ihm teurer war als das Königreich,
wichtiger sogar als seine ihm treu gebliebenen Untertanen, und gera-
de das steigerte deren Unwillen gegen den unnatürlichen Sohn noch
mehr.
Kampfplatz wurde ein Wald in der Nähe des Jordan, der für Ab-
saloms zahlreiche Truppen höchst ungünstig war. In den Dickichten
und Sümpfen des Gehölzes gerieten diese ungeübten Leute in Ver-
wirrung. Die Führung hatte sie bald nicht mehr in der Hand. „Und
das Heer Israels wurde dort geschlagen von den Männern Davids,
so daß an diesem Tage eine große Schlacht geschah — zwanzig-
tausend Mann.“
2.Samuel 18,7
. Als Absalom sah, daß der Kampf
verloren war, wandte er sich zur Flucht. Da verfing sich sein Haar
in den verästelten Zweigen eines Baumes. Das Maultier lief unter
ihm weg, und er hing als hilflose Beute seiner Feinde in der Luft. In
dieser Verfassung fand ihn ein Krieger, der ihn jedoch aus Furcht vor
dem Unwillen des Königs schonte. Aber er berichtete Joab, was er
gesehen hatte. Diesen belasteten keine Gewissensbedenken. Er war
mit Absalom befreundet gewesen und hatte zweimal eine Aussöh-
nung zwischen David und ihm zuwege gebracht. Sein Vertrauen war
schmählich getäuscht worden. Schon um der Hilfestellung willen,
die Absalom durch Joabs Vermittlung erfahren hatte, hätte dieser
Aufstand mit allen seinen Schrecken niemals stattfinden dürfen. Nun
lag es in Joabs Hand, den Anstifter dieses Unheils zu vernichten.
„Da nahm Joab drei Stäbe in seine Hand und stieß sie Absalom ins
Herz ... Und sie nahmen Absalom und warfen ihn im Wald in eine
große Grube und legten einen sehr großen Haufen Steine auf ihn.“
2.Samuel 18,14-17
.
So starben die beiden Urheber des Aufruhrs in Israel. Ahitho-
phel hatte ja Selbstmord verübt. Prinz Absalom, dessen strahlende
Schönheit einmal Israels Stolz gewesen war, wurde in der Kraft sei-
ner Jugend hinweggerafft. Seinen Leichnam warf man in eine Grube
und bedeckte ihn zum Zeichen ewiger Schande mit einem Steinhau-