Seite 59 - Auf den Spuren des gro

Basic HTML-Version

Heilung für die Seele
55
würde. Seine Zeit des öffentlichen Wirkens konnte dann jäh zu Ende
gehen.
Jedoch bemerkte der Heiland da einen Fall ganz besonderen
Elends: einen Mann, der seit achtunddreißig Jahren hilflos krank
war. Sein Leiden war zum größten Teil das Ergebnis seiner eignen
üblen Lebensgewohnheiten und wurde deshalb als ein Gericht Gottes
angesehen. Allein, von Freunden längst verlassen, in dem Glauben,
er sei von Gottes Gnade ausgeschlossen, hatte der Kranke lange
Jahre des Elends zugebracht. Als man wieder einmal eine Bewegung
des Wassers erwartete, trugen ihn jene, die mit seiner Hilflosigkeit
Mitleid hatten, in die Hallen rings um den Teich. Aber im entschei-
denden Moment hatte er niemanden, der ihm in das Wasser geholfen
hätte. Oft hatte er die Bewegung des Wassers vor Augen, konnte
aber nie weiter kommen als nur bis zum Rand des Teichs. Andere,
die stärker als er waren, stiegen vor ihm hinein. Der arme und hilflo-
se Kranke konnte mit der selbstsüchtig drängelnden Menge nicht
konkurrieren. Die erfolglosen Versuche, das eine Ziel zu erreichen,
seine Angst und die dauernden Enttäuschungen zehrten schnell auch
den Rest seiner Kraft auf.
Da lag also der Kranke auf seiner Matte und hob immer wieder
den Kopf, um zum Teich zu blicken, als sich ein freundliches, mit-
fühlendes Gesicht über ihn beugte. Überrascht vernahm er die Frage:
„Willst du gesund werden?“ Hoffnung keimte in seinem Herzen. Er
[55]
spürte: Irgendwie wird mir jetzt geholfen. Aber schnell erlosch die
aufkeimende Hoffnung wieder. Erinnerte er sich doch, wie oft er ver-
geblich versucht hatte, in den Teich zu kommen — und inzwischen
bestand wenig Aussicht, bei der nächsten Bewegung des Wassers
überhaupt noch am Leben zu sein. Traurig wandte er sich ab, wobei
er sagte: „Herr, ich habe keinen Menschen, der mich in den Teich
bringt, wenn das Wasser sich bewegt; wenn ich aber hinkomme, so
steigt ein anderer vor mir hinein.“
Da spricht Jesus zu ihm: „Steh auf, nimm dein Bett und geh
hin!“
Johannes 5,6-8
. Mit neuer Hoffnung schaut der Kranke nun
auf Jesus. Der Ausdruck dieses Gesichts, der Ton dieser Stimme
sind ohne Beispiel. Liebe und Macht scheinen von seiner bloßen
Gegenwart auszuströmen: Der Glaube des Kranken richtet sich an
Christi Worten wieder auf. Ohne weitere Fragen wächst in ihm der
Wille, zu gehorchen — und weil er dies tut, folgt der Körper dem