Seite 314 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Das Wirken der Apostel
Als die Woche in Tyrus vorüber war, geleiteten alle Brüder mit
ihren Frauen und Kindern Paulus ans Schiff. Ehe er an Bord ging,
knieten alle noch einmal am Ufer nieder und beteten, er für sie und
sie für ihn.
Die Reisenden fuhren in südlicher Richtung, „kamen nach Cä-
sarea und gingen in das Haus des Philippus, des Evangelisten, der
einer von den Sieben war, und blieben bei ihm“.
Apostelgeschichte
21,8
. Hier verbrachte Paulus einige ungetrübte, glückliche Tage —
die letzten für lange Zeit, die er in völliger Freiheit genießen durfte.
Während Paulus in Cäsarea weilte, „kam herab aus Judäa ein
Prophet mit Namen Agabus“, berichtet Lukas. „Und als er zu uns
kam, nahm er den Gürtel des Paulus und band sich die Füße und Hän-
de und sprach: Das sagt der heilige Geist: Den Mann, des der Gürtel
ist, werden die Juden so binden zu Jerusalem und überantworten in
der Heiden Hände.“
„Als wir aber solches hörten“, fuhr Lukas fort, „baten wir und
die aus dem Ort waren, daß er nicht hinauf nach Jerusalem zöge.“
Apostelgeschichte 21,10-12
. Aber Paulus wollte nicht vom Pfad der
Pflicht abweichen, sondern Jesus folgen, selbst wenn es ins Gefäng-
nis und in den Tod ginge. „Was macht ihr“, rief er aus, „daß ihr
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weinet und brechet mir mein Herz? Denn ich bin bereit, nicht allein
mich binden zu lassen, sondern auch zu sterben zu Jerusalem um des
Namens willen des Herrn Jesus.“
Apostelgeschichte 21,13
. Da die
Brüder sahen, daß sie ihm Schmerz bereiteten, ohne ihn von seinem
Vorhaben abbringen zu können, hörten sie auf in ihn zu dringen, und
sagten nur: „Des Herrn Wille geschehe.“
Apostelgeschichte 21,14
.
Die kurze Aufenthaltszeit in Cäsarea war bald abgelaufen, und
so zogen Paulus und seine Gefährten, begleitet von einigen Brü-
dern, weiter nach Jerusalem. Schwer lastete auf ihren Herzen das
Vorgefühl künftigen Unheils.
Nie zuvor hatte sich der Apostel mit so traurigem Herzen der
Stadt Jerusalem genähert wie jetzt. Dort wurde er, das wußte er, nur
wenige Freunde, aber viele Feinde antreffen. Er näherte sich der
Stadt, die den Sohn Gottes verworfen und gekreuzigt hatte, und über
der jetzt die drohenden Wolken des göttlichen Zornes hingen. Als er
sich daran erinnerte, wie erbittert er in seinem Vorurteil gegen die
Nachfolger Christi vorgegangen war, empfand er tiefes Mitleid mit
seinen verblendeten Landsleuten. Und doch, wie gering war seine