Seite 335 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Das Verhör zu Cäsarea
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die Zunge aussprechen mag, überhaupt alles was das äußere Leben
ausmacht, stellt den menschlichen Charakter nur unvollkommen dar.
Das Gesetz aber erforscht die Gedanken, Beweggründe und Absich-
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ten. Es verurteilt die geheimen Regungen, die dem menschlichen
Blick verborgen sind, zum Beispiel Eifersucht, Haß und Ehrgeiz,
sowie die argen Gedanken, mit denen man sich im stillen abgibt, die
nur aus Mangel an Gelegenheit niemals ausgeführt werden.
Paulus bemühte sich, die Gedanken seiner Zuhörer auf das eine
große Opfer für die Sünder zu lenken. Zunächst wies er auf die Opfer
hin, die nur ein Abglanz zukünftiger Güter waren, und zeigte dann,
wie in Christus alle Opfervorschriften ihre Erfüllung fänden, da sie
auf ihn als die einzige Quelle des Lebens und der Hoffnung für
die gefallene Menschheit hinwiesen. Auch die heiligen Männer vor
alters seien allein durch den Glauben an Christi Blut erlöst worden.
Beim Anblick des Todeskampfes der Opfertiere schauten sie über die
Jahrhunderte hinweg auf Gottes Lamm, das der Welt Sünde tragen
sollte.
Gott hat mit Recht Anspruch auf die Liebe und den Gehorsam
seiner Geschöpfe. Mit seinem Gesetz hat er ihnen einen vollkomme-
nen Maßstab für das gegeben, was recht ist. Aber viele vergessen
ihren Schöpfer und ziehen es vor, entgegen seinem Willen ihre eige-
nen Wege einzuschlagen. Mit Feindschaft erwidern sie eine Liebe,
die so hoch wie der Himmel und so weit wie das Weltall ist. Gott
kann aber die Forderungen seines Gesetzes nicht herabsetzen, um
einer gottlosen Menschheit entgegenzukommen. Der Mensch wie-
derum kann nicht aus eigener Kraft den Forderungen des Gesetzes
gerecht werden. Nur durch den Glauben an Christus kann der Sün-
der von aller Schuld gereinigt werden und die Kraft erhalten, den
Geboten seines Schöpfers gehorsam zu sein.
So trat Paulus auch als Gefangener für die Forderungen ein, die
das göttliche Gesetz sowohl den Juden als auch den Griechen stellt,
und verkündigte Jesus, den verachteten Nazarener, als den Sohn
Gottes, den Erlöser der Welt.
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Die jüdische Fürstin wußte genau um die Heiligkeit des Geset-
zes, das sie schamlos übertreten hatte, doch ihr Vorurteil gegenüber
dem Mann von Golgatha verhärtete ihr Herz auch gegenüber dem
Wort des Lebens. Aber Felix, der die Wahrheit noch nie vernommen
hatte, wurde unter dem überzeugenden Einfluß des Geistes Got-