Seite 355 - Das Wirken der Apostel (1976)

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In Rom
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kunft fürchten. Gefängnis und Trübsal warteten auf ihn, das wußte
er. Doch er wußte auch, daß durch ihn Menschen von einer viel
schrecklicheren Knechtschaft befreit worden waren. Deshalb freute
er sich seiner Leiden um Christi willen.
In Rom übergab der Hauptmann Julius seine Gefangenen dem
Befehlshaber der kaiserlichen Wache. Der gute Bericht, den er über
Paulus erstattete, sowie der Brief des Festus bewirkten, daß der Ober-
hauptmann Paulus wohlwollend beurteilte. Anstatt ihn ins Gefängnis
legen zu lassen, erlaubte er ihm, in einem Miethause zu wohnen.
Obwohl er weiterhin an einen Kriegsknecht gekettet blieb, durfte er
doch jederzeit seine Freunde empfangen und für den Fortgang der
Sache Christi wirken.
Viele Juden, die Jahre zuvor aus Rom verbannt worden waren,
hatten die Erlaubnis erhalten, wieder dorthin zurückzukehren und
waren nun in großer Zahl dort. Diese wollte Paulus zu allererst über
seine Person und über sein Wirken unterrichten, ehe seine Feinde
Gelegenheit fanden, sie gegen ihn aufzuwiegeln. So rief er drei
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Tage nach seiner Ankunft in Rom die leitenden Männer der Juden
zusammen und berichtete ihnen schlicht und sachlich, weshalb er
als Gefangener nach Rom gekommen war.
„Ihr Männer, liebe Brüder“, sagte er, „ich habe nichts getan wider
unser Volk noch wider väterliche Sitten und bin doch als Gefangener
aus Jerusalem übergeben in der Römer Hände, die mich, nachdem
sie mich verhört hatten, losgeben wollten, weil nichts an mir war, das
den Tod verdient hätte. Da aber die Juden dawider redeten, ward ich
genötigt, mich auf den Kaiser zu berufen; nicht, als hätte ich mein
Volk um etwas zu verklagen. Um dieser Ursache willen habe ich
euch gebeten, daß ich euch sehen und sprechen dürfte; denn um der
Hoffnung Israels willen trage ich diese Kette.“
Apostelgeschichte
28,17-20
.
Er sagte nichts über die Mißhandlungen, die er von den Juden er-
litten hatte, auch nichts über ihre wiederholten Anschläge gegen sein
Leben; seine Worte waren vielmehr umsichtig und freundlich. Ihm
lag es fern, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken oder Mitgefühl
zu erregen. Es ging ihm allein darum, die Wahrheit zu verteidigen
und für die Ehre des Evangeliums einzustehen.
Seine Zuhörer erwiderten, daß weder durch öffentliche noch
private Briefe irgendwelche Klagen gegen ihn eingegangen seien