Seite 356 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Das Wirken der Apostel
und daß ihn keiner der nach Rom gekommenen Juden irgendeines
Verbrechens bezichtigt habe. Sie erwähnten aber auch, daß sie sehr
gern den Grund für seinen Glauben an Christus erfahren wollten.
„Denn von dieser Sekte“, so erklärten sie, „ist uns kund, daß ihr wird
an allen Enden widersprochen.“
Apostelgeschichte 28,22
.
Da sie es selbst wünschten, vereinbarte Paulus mit ihnen einen
Tag, an dem er ihnen die Botschaft des Evangeliums erläutern könn-
te. Zur vorgesehenen Zeit „kamen viele zu ihm in die Herberge,
welchen er auslegte und bezeugte das Reich Gottes und predigte ih-
nen von Jesus aus dem Gesetz des Mose und aus den Propheten von
frühmorgens an bis an den Abend“.
Apostelgeschichte 28,23
. Er er-
zählte seine eigenen Erfahrungen und legte schlicht und eindringlich
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die Beweise aus dem Alten Testament dar.
Der Apostel zeigte auf, daß Religion nicht in bloßen Gebräuchen
und äußeren Formen, in Glaubensbekenntnissen und Lehrsätzen
bestehe. Wäre dies der Fall, dann könnte sie der normale Mensch
durch Untersuchungen ergründen, wie er auch irdische Dinge zu
begreifen vermag. Paulus lehrte, daß wahrer Glaube eine wirkende,
errettende Kraft ist, die ausschließlich von Gott ausgeht und die der
Mensch durch Wiedergeburt und Erneuerung erfährt.
Er zeigte, wie bereits Mose das Volk Israel auf Christus hinge-
wiesen habe als auf den Propheten, den sie hören sollten, und wie
alle Propheten von ihm als Gottes erhabenem Heilmittel von der
Sünde gezeugt hätten, von dem Einen, der als Schuldloser die Sünde
der Schuldigen tragen sollte. Er tadelte sie nicht wegen ihrer Befol-
gung äußerer Formen und religiöser Gebräuche, zeigte ihnen aber,
daß sie, während sie den zeremoniellen Vorschriften mit großer Ge-
nauigkeit nachkamen, den verwarfen, auf den das ganze Kultsystem
hinwies.
Paulus erklärte, daß er vor seiner Bekehrung Christus nicht per-
sönlich gekannt habe, sondern er habe sich — wie alle anderen
— seine eigenen Vorstellungen von dem Wesen und Wirken des
kommenden Messias gemacht. Weil Jesus von Nazareth diesen Vor-
stellungen nicht entsprach, habe er ihn als einen Betrüger verworfen.
Nun aber sei sein Verständnis von Christus und Christi Sendung
weit geistlicher und höher, weil er selbst eine Bekehrung erlebt ha-
be. Der Apostel betonte, daß es ihm nicht darum gehe, Christus in
seiner menschlichen Gestalt darzustellen. Wohl hatte Herodes Chri-