Seite 391 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Paulus vor Nero
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den Anklagen Stellung zu nehmen, lauschten alle gespannt seinen
Worten.
Wieder einmal hatte Paulus Gelegenheit, vor einer aufhorchen-
den Menschenmenge das Banner des Kreuzes aufzurichten. Als er
die Menge vor sich erblickte, unter ihnen Juden, Griechen, Römer
und Besucher aus verschiedenen Ländern, entbrannte sein Herz von
dem Verlangen, ihnen den Weg des Heils zu zeigen. Darüber vergaß
er völlig seine Umgebung und die drohenden Gefahren sowie das
schreckliche Schicksal, das ihm unmittelbar bevorstand. Er sah nur
noch Jesus, den Mittler, der vor Gott für die sündigen Menschen
bittet. Mit mehr als menschlicher Beredsamkeit und Kraft verkün-
digte Paulus seinen Zuhörern das Evangelium. Er wies sie auf das
für die sündige Menschheit gebrachte Opfer hin und zeigte, daß für
die Erlösung des Menschen ein unvorstellbar hoher Preis bezahlt
worden war. Gott habe Vorkehrungen getroffen, daß der Mensch
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seinen Anteil an der Herrschaft Gottes wiedererhalte. Durch Engel
sei die Erde mit dem Himmel verbunden, so daß alle Taten der Men-
schen, ob gut oder böse, vor dem Auge der ewigen Gerechtigkeit
offen dalägen.
So plädierte der Verteidiger der Wahrheit. Gläubig unter Ungläu-
bigen, treu unter Ungetreuen, stand er da als Gottes Repräsentant,
und seine Stimme klang wie eine Stimme vom Himmel. Weder in
seinen Worten noch in seinen Blicken war die geringste Spur von
Furcht, Traurigkeit oder Entmutigung zu spüren. Im Bewußtsein
seiner Unschuld und angetan mit der Rüstung der Wahrheit (
Epheser
6,11-20
), erfüllte ihn die Freude, ein Gotteskind zu sein. Seine Worte
glichen einem Siegesruf über dem Schlachtgetümmel. Er erklärte,
daß die Sache, der er sein Leben geweiht habe, niemals fehlschlagen
könne. Möchte er selbst umkommen — das Evangelium könne nie
untergehen. Gott lebe, und seine Wahrheit werde den Sieg behalten.
Viele, die damals auf Paulus schauten, „sahen sein Angesicht wie
eines Engels Angesicht.“
Apostelgeschichte 6,15
.
Nie zuvor hatten die Anwesenden solche Worte gehört. Sie schlu-
gen eine Saite an, die selbst in den Herzen der Verhärtetsten in
Schwingung geriet. Lautere, überzeugende Wahrheit überwand den
Irrtum. Licht fiel in die Herzen vieler Menschen, die später freudig
diesen Strahlen folgten. Die Wahrheiten, die an jenem Tag verkün-
digt wurden, waren dazu bestimmt, ganze Völker zu bewegen und