Seite 398 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Das Wirken der Apostel
Feinden, unter gesicherten Verhältnissen, sowie in Schwierigkeiten
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und Gefahren, trotz Spott und Schaden.
Paulus fürchtete, daß Timotheus sich durch seine sanfte und
nachgiebige Veranlagung dazu verleiten lassen könnte, einem we-
sentlichen Teil seiner Arbeit auszuweichen. Deshalb empfahl er ihm
dringend, in aller Treue die Sünde zu rügen und mit aller Schär-
fe jene zurechtzuweisen, die sich grober Übertretungen schuldig
machten. Jedoch er sollte das „mit aller Geduld und Lehre“ tun.
Die Geduld und Liebe Christi sollte er dadurch beweisen, daß er
seine Ermahnungen durch die Wahrheit des Wortes begründete und
bekräftigte.
Sünde zu hassen und zu strafen, zugleich aber dem Sünder Mit-
leid und Rücksicht entgegenzubringen, ist eine schwierige Aufgabe.
Je ernster wir danach streben, in unserem Herzen und Wandel ge-
heiligt zu werden, desto klarer werden wir die Sünde erkennen und
desto entschiedener jedes Abweichen vom Rechten mißbilligen. Vor
ungebührlicher Strenge dem Sünder gegenüber müssen wir uns in
acht nehmen, andererseits aber dürfen wir nicht die Augen vor dem
verabscheuungswürdigen Wesen der Sünde verschließen. So ist es
einerseits notwendig, dem Irrenden christliche Geduld und Liebe
entgegenzubringen; andererseits aber besteht die Gefahr, eine zu
große Duldsamkeit zu bekunden, was ihn zu der Ansicht verleiten
könnte, er habe keinen Tadel verdient und dürfe jeden Tadel als
unangebracht und ungerechtfertigt zurückweisen.
Prediger des Evangeliums richten zuweilen großen Schaden da-
durch an, daß sie in ihrer Nachsicht den Irrenden gegenüber auch
die Sünde dulden oder selbst an ihr teilhaben. So lassen sie sich
verleiten, zu entschuldigen und zu beschönigen, was Gott verdammt.
Mit der Zeit werden sie derart verblendet, daß sie diejenigen noch
loben, die sie nach Gottes Willen tadeln sollten. Wer sein geistliches
Urteilsvermögen dadurch abstumpft, daß er in sündhafter Milde über
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das hinwegsieht, was Gott verurteilt, wird sich bald noch mehr ver-
sündigen, weil er streng und hart zu denen wird, die Gott annimmt.
Durch die Überheblichkeit menschlicher Weisheit, durch Miß-
achtung des Einflusses des Heiligen Geistes und durch Abneigung
den Wahrheiten des Wortes Gottes gegenüber lassen sich viele, die
vorgeben, Christen zu sein und sich berufen fühlen, andere zu leh-
ren, zur Abkehr von Gottes Forderungen verleiten. Paulus erklärte