Seite 450 - Das Wirken der Apostel (1976)

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Das Wirken der Apostel
Patmos, eine öde, felsige Insel im Ägäischen Meer, war von
der römischen Regierung als Verbannungsort für Verbrecher aus-
erwählt worden. Für den Knecht Gottes aber wurde dieser düstere
Aufenthaltsort zur Pforte des Himmels. Abgeschnitten von dem ge-
schäftigen Treiben des Lebens und dem Wirken der vergangenen
Jahre, erlebte er dort die Gemeinschaft mit Gott, Christus und den
himmlischen Engeln. Von ihnen empfing er für alle kommenden
Zeiten Unterweisungen für die Gemeinde. Die Ereignisse, die sich
am Ende der Weltgeschichte zutragen sollten, wurden dort vor sei-
nen Blicken entrollt; und dort schrieb er die Gesichte nieder, die
er von Gott empfing. Wenn seine Stimme auch nicht länger von
dem zeugen konnte, den er liebte und dem er diente, so sollten die
Botschaften, die ihm auf dieser kahlen Felseninsel gegeben wurden
wie ein Leuchtfeuer hinausstrahlen und Gottes Ratschluß über alle
Völker der Erde verkünden.
Inmitten der Klippen und Felsen von Patmos lebte Johannes in
enger Verbindung mit seinem Schöpfer. Er blickte über sein vergan-
genes Leben, und bei dem Gedanken an die empfangenen Segnungen
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erfüllte Friede sein Herz. Er hatte das Leben eines Christen gelebt
und konnte zuversichtlich sagen: „Wir wissen, daß wir aus dem Tode
in das Leben gekommen sind.“
1.Johannes 3,14
. Aber nicht so der
Kaiser, der ihn verbannt hatte. Der konnte nur zurückblicken auf
Schlachtfelder und Blutbäder, auf zerstörte Wohnhäuser sowie auf
weinende Witwen und Waisen — die Früchte seiner ehrgeizigen
Herrschaftsgelüste.
Der einsame Aufenthaltsort bot Johannes mehr als je zuvor Ge-
legenheit, die Offenbarung der göttlichen Kraft zu erforschen, wie
sie im Buche der Natur und auf den Blättern der Heiligen Schrift
verzeichnet stehen. Es bereitete ihm große Freude, über das Schöp-
fungswerk nachzudenken und den göttlichen Baumeister anzubeten.
In früheren Jahren hatten sich seine Augen an dem Anblick bewal-
deter Höhen, grüner Täler und fruchtbarer Felder ergötzt, und es war
ihm stets eine Wonne gewesen, in allem Schönen die Weisheit des
Schöpfers zu erkennen. Jetzt aber lebte er inmitten einer Umgebung,
die vielen düster und reizlos erschienen wäre. Doch nicht so Johan-
nes. Möchte alles um ihn her verlassen und kahl aussehen, so war
doch der Himmel, der sich über ihm wölbte, genauso klar und schön
wie der über seinem geliebten Jerusalem. Die wilden, zerklüfteten