Seite 218 - Der gro

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Der große Kampf
an vielen Orten alles, was es verloren hatte, wiederzugewinnen. Der
aber, dessen Ratschläge von Ewigkeit her sind, hatte weder seine
Sache noch sein Volk verlassen. Seine Hand brachte ihnen Befrei-
ung. Er hatte schon in andern Ländern Mitarbeiter erweckt, um die
Reformation weiterzuführen.
In Frankreich hatte der Tag bereits zu dämmern begonnen, noch
ehe man etwas von dem Reformator Luther wußte. Einer der ersten,
der das Licht erfaßte, war der bejahrte Lefévre (Faber Stapulensis),
ein Mann von umfassender Gelehrsamkeit, Professor an der Sor-
bonne und aufrichtiger und eifriger Anhänger des Papsttums. Bei
den Untersuchungen über die alte Literatur war seine Aufmerksam-
keit auf die Bibel gerichtet worden, und er führte ihr Studium bei
seinen Studenten ein.
Faber war ein schwärmerischer Verehrer der Heiligen und hatte
es unternommen, eine Geschichte der Heiligen und Märtyrer nach
den Legenden der Kirche zu verfassen. Dies war eine mühsame
Arbeit, und er hatte bereits bedeutende Fortschritte gemacht, als er
mit dem Gedanken, die Bibel könne ihm dabei gute Dienste leisten,
sie zu studieren begann. Hier fand er in der Tat Heilige beschrieben,
aber nicht solche, wie der römische Heiligenkalender sie darstellte.
Eine Flut göttlichen Lichtes erleuchtete seinen Verstand. Erstaunt
und widerwillig wandte er sich von seiner geplanten Aufgabe ab und
widmete sich dem Wort Gottes. Bald begann er, die köstlichen, in
der Heiligen Schrift entdeckten Wahrheiten zu lehren.
Weder Luther noch Zwingli hatten das Werk der Reformation
begonnen, da schrieb Faber schon im Jahre 1512: „Gott allein gibt
uns die Gerechtigkeit durch den Glauben, rechtfertigt uns allein
durch seine Gnade zum ewigen Leben.
Sich in das Geheimnis der
Erlösung vertiefend, rief er aus: „O wunderbarer Austausch: die Un-
schuld wird verurteilt, der Schuldige freigesprochen; der Gesegnete
verflucht, der Verfluchte gesegnet; das Leben stirbt, der Tote erhält
das Leben; die Ehre ist mit Schmach bedeckt, der Geschmähte wird
geehrt.
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Und während er lehrte, daß die Ehre der Erlösung nur Gott zu-
komme, erklärte er auch, daß die Pflicht des Gehorsams dem Men-
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D‘Aubigné, „Geschichte der Reformation“, 12.Buch, 2.Abschnitt, 290
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D‘Aubigné, „Geschichte der Reformation“, 12.Buch, 2.Abschnitt, 290