Seite 112 - Der gro

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Der große Kampf
doch, daß das Leben Christi, das in Bethlehem durch mein Wort
in den Gemütern der Menschen abgebildet worden .... durch eine
größere Anzahl von besseren Predigern, als ich bin, besser wird ab-
gebildet werden, zur Freude des Volkes, welches das Leben Christi
liebt.
Zum letztenmal wurde Hus vor das Konzil gestellt. Es war eine
große und glänzende Versammlung: der Kaiser, Reichsfürsten, kö-
nigliche Abgeordnete, Kardinäle, Bischöfe, Priester und eine große
Volksmenge, die als Zuschauer dem Ereignis beiwohnten. Aus allen
Teilen der Christenheit waren Zeugen dieses ersten großen Opfers
in dem lange währenden Kampf, durch den die Gewissensfreiheit
gesichert werden sollte, versammelt.
Als Hus zu einer letzten Aussage aufgefordert wurde, beharrte
er auf seiner Weigerung, abzuschwören, und seinen durchdringen-
den Blick auf den Fürsten richtend, dessen verpfändetes Wort so
schamlos verletzt worden war, erklärte er: „Ich bin aus eigenem
freien Entschluß vor dem Konzil erschienen, unter dem öffentlichen
Schutz und dem Ehrenwort des hier anwesenden Kaisers.
Tiefe
Röte überzog das Angesicht Sigismunds, als sich die Augen der
ganzen Versammlung auf ihn richteten.
Das Urteil wurde gefällt, und die Zeremonie der Amtsenthebung
begann. Die Bischöfe kleideten ihren Gefangenen in das priesterli-
che Gewand. Als er es anlegte, sagte er: „Unser Herr Jesus Christus
wurde zum Zeichen der Schmähung mit einem weißen Mantel be-
deckt, als Herodes ihn vor Pilatus bringen ließ.
Abermals zum
Widerruf ermahnt, sprach er zum Volk: „Mit welchem Auge könnte
ich den Himmel anblicken, mit welcher Stirn könnte ich auf die-
se Menschenmenge sehen, der ich das reine Evangelium gepredigt
habe? Nein, ich erachte ihre Seligkeit höher als diesen armseligen
Leib, der nun zum Tode bestimmt ist.“ Dann wurden ihm die Tei-
le des Priesterornats nacheinander abgenommen. Während dieser
Handlung sprach jeder Bischof einen Fluch über ihn aus. Schließlich
„wurde ihm eine hohe Papiermütze aufgesetzt, mit Teufeln bemalt,
welche vorn die auffällige Inschrift trug: ‚Haeresiarcha‘ (Erzketzer).
[108]
‚Mit größter Freude‘, sagte Hus, ‚will ich diese Krone der Schmach
1
Neander, „Kirchengeschichte“, 6.Per. 2.Abschnitt, 2.Teil, §73
1
Bonnechose, ebd., 2.Buch, 84; Palacky, „Geschichte Böhmens“, Bd. VI, 364
.
1
Bonnechose, ebd., 3.Buch, 95.96