Seite 113 - Der gro

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Hus und Hieronymus
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um deinetwillen tragen, o Jesus, der du für mich die Dornenkrone
getragen hast‘.“
Als er so aufgeputzt war, sprachen die Prälaten: „Nun übergeben
wir deine Seele dem Teufel.“ „Aber ich“, sprach Hus, seine Augen
zum Himmel erhoben, „befehle meinen Geist in deine Hände, o Herr
Jesus, denn du hast mich erlöst.“
Dann wurde er der weltlichen Obrigkeit übergeben und nach
dem Richtplatz geführt. Ein riesiger Zug folgte nach, Hunderte von
Bewaffneten, Priestern und Bischöfen in ihren kostbaren Gewändern
und die Einwohner von Konstanz. Als er gebunden am Pfahl stand
und alles zum Anzünden des Feuers bereit war, wurde er nochmals
ermahnt, sich durch Widerruf seiner Irrtümer zu retten. „Welche
Irrtümer“, sagte Hus, „sollte ich widerrufen, da ich mir keines Irr-
tums bewußt bin? Ich rufe Gott zum Zeugen an, daß ich das, was
falsche Zeugen gegen mich behaupteten, weder gelehrt noch gepre-
digt habe! Ich wollte die Menschen von ihren Sünden abbringen!
Was immer ich sagte und schrieb, war stets für die Wahrheit; deshalb
stehe ich bereit, die Wahrheit, welche ich geschrieben und gepredigt
habe, freudigst mit meinem Blut zu besiegeln.
Als das Feuer ihn
umflammte, begann Hus laut zu singen: „Christe, du Sohn des le-
bendigen Gottes, erbarme dich meiner!
Er sang so lange, bis seine
Stimme für immer verstummte.
Selbst seine Feinde bewunderten seine heldenmütige Haltung.
Ein päpstlicher Schriftsteller, der den Märtyrertod des Hus und des
Hieronymus, der ein Jahr darauf starb, beschreibt, sagt: „Beide er-
trugen den gewaltsamen Tod mit standhaftem Gemüt und bereiteten
sich auf das Feuer vor, als ob sie zu einem Hochzeitsfest geladen
wären. Sie gaben keinen Schmerzenslaut von sich. Als die Flam-
men emporschlugen, fingen sie an, Loblieder zu singen, und kaum
vermochte die Heftigkeit des Feuers ihrem Gesang Einhalt zu tun.
Als Hus‘ Körper völlig verbrannt war, wurde seine Asche samt
der Erde, auf der sie lag, gesammelt, in den Rhein geworfen und
auf diese Weise dem Meer zugeführt. Seine Verfolger bildeten sich
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törichterweise ein, sie hätten die von ihm verkündeten Wahrheiten
1
Wylie, „History of Protestantism“, 3.Buch, Kapitel 7; Nigg, „Geschichte der Ketzer“
1
Neander, „Kirchengeschichte“, 6.Per., 2.Abschnitt, 2.Teil, § 69; Hefele, „Konzilien-
geschichte“, Bd. VI, 209f
.
1
Aeneas Sylvius, „Hit. Bohem.“