Seite 114 - Der gro

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Der große Kampf
ausgerottet. Schwerlich ahnten sie, daß die Asche, die an jenem Tage
dem Meer zuströmte, dem Samen gleichen sollte, der über alle Lande
der Erde ausgestreut wird, und daß er in noch unbekannten Ländern
eine reiche Ernte an Zeugen für die Wahrheit hervorbringen würde.
Durch die Stimme, die im Konziliumssaal zu Konstanz gesprochen
hatte, war ein Widerhall erweckt worden, der durch alle künftigen
Zeitalter fortgepflanzt werden sollte. Hus war nicht mehr; aber die
Wahrheit, für die er gestorben war, konnte nicht untergehen. Sein
Beispiel des Glaubens und der Standhaftigkeit würde viele ermuti-
gen, trotz Qual und Tod entschieden für die Wahrheit einzustehen.
Seine Verbrennung hatte der ganzen Welt die hinterlistige Grausam-
keit Roms offenbart. Unbewußt hatten die Feinde der Wahrheit die
Sache gefördert, die sie zu vernichten gedachten.
Noch ein zweiter Scheiterhaufen sollte in Konstanz aufgerichtet
werden. Das Blut eines andern Märtyrers sollte für die Wahrheit zeu-
gen. Als Hus sich vor seiner Abreise zum Konzil von Hieronymus
verabschiedete, wurde er von diesem zu Mut und Standhaftigkeit
ermahnt. Hieronymus erklärte Hus, er werde zu seinem Beistand
herbeieilen, falls er in irgendeine Gefahr gerate. Als er von der
Einkerkerung des Reformators hörte, bereitete sich der treue Jün-
ger sofort vor, sein Versprechen einzulösen. Ohne Sicherheitsgeleit
machte er sich mit einem einzigen Gefährten auf den Weg nach Kon-
stanz. Nach seiner Ankunft mußte er sich überzeugen lassen, daß
er sich nur in Gefahr begeben hatte, ohne etwas für Hus‘ Befreiung
tun zu können. Er floh aus der Stadt, wurde aber auf der Heimreise
verhaftet und mit Ketten beladen, von Soldaten bewacht, zurückge-
bracht. Bei seinem ersten Erscheinen vor dem Konzil wurden seine
Versuche, auf die gegen ihn vorgebrachten Anklagen zu antworten,
mit dem Ruf erwidert: „In die Flammen mit ihm, in die Flammen!
Man warf ihn in ein Verlies, kettete ihn in einer Lage an, die ihm
große Schmerzen verursachte, und gab ihm nur Wasser und Brot.
Nach einigen Monaten erkrankte Hieronymus unter den Grausam-
keiten seiner Gefangenschaft lebensgefährlich, und da seine Feinde
befürchteten, er könnte seiner Strafe entrinnen, behandelten sie ihn
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weniger hart; dennoch brachte er insgesamt ein Jahr im Gefängnis
zu.
1
Bonnechose, ebd., 2. Buch, 256
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