Seite 145 - Der gro

Basic HTML-Version

Luthers Trennung von Rom
141
Augustin bis aufs Wort Hussiten. Ich weiß vor starrem Staunen nicht,
was ich denken soll, wenn ich die schrecklichen Gerichte Gottes
in der Menschheit sehe, daß die offenkundige evangelische Wahr-
heit schon seit über hundert Jahren öffentlich verbrannt ist und für
verdammt gilt.
In einem Sendbrief an den Kaiser und den christlichen Adel
deutscher Nation zur Besserung des christlichen Standes schrieb
Luther über den Papst: „Es ist greulich und erschrecklich anzusehen,
daß der Oberste in der Christenheit, der sich Christi Statthalter und
Petri Nachfolger rühmt, so weltlich und prächtig fährt, daß ihn darin
kein König, kein Kaiser mag erlangen und gleich werden ... Gleicht
sich das mit dem armen Christus und St. Peter, so ist‘s ein neues
Gleichen.“ „Sie sprechen, er sei ein Herr der Welt; das ist erlogen,
denn Christus, des Statthalter und Amtmann er sich rühmet, sprach
vor Pilatus: ‚Mein Reich ist nicht von dieser Welt‘. Es kann doch
kein Statthalter weiter regieren denn sein Herr.
Von den Universitäten schrieb er folgendes: „Ich habe große
Sorge, die hohen Schulen seien große Pforten der Hölle, so sie nicht
emsiglich die Heilige Schrift üben und treiben ins junge Volk.“ „Wo
aber die Heilige Schrift nicht regiert, da rate ich fürwahr niemand,
daß er sein Kind hintue. Es muß verderben alles, was nicht Gottes
Wort ohne Unterlaß treibt.
Dieser Aufruf verbreitete sich mit Windeseile über ganz Deutsch-
land und übte einen mächtigen Einfluß auf das Volk aus. Die ganze
Nation war in Erregung und große Scharen wurden angetrieben, sich
um die Fahne der Reformation zu sammeln. Luthers Gegner dran-
gen voller Rachegelüste in den Papst, entscheidende Maßnahmen
gegen ihn zu treffen. Es wurde beschlossen, Luthers Lehren sofort
[141]
zu verdammen. Sechzig Tage wurden dem Reformator und seinen
Anhängern gewährt, zu widerrufen; nach dieser Zeit sollten sie sonst
aus der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen werden.
Dies war die Zeit einer großen Entscheidung für die Reformati-
on. Jahrhundertelang hatte Rom durch das Verhängen des Kirchen-
1
Enders, Bd. II 345, Februar 1520
1
Luther, „Ausgewählte Werke“, Bd II, München, 1948; D‘Aubigné, „Geschichte der
Reformation“, 6.Buch, 3.Abschnitt, 77,81, Stuttgart, 1848
1
Luther, „Ausgewählte Werke“, Bd II, München, 1948; D‘Aubigné, „Geschichte der
Reformation“, 6.Buch, 3.Abschnitt, 77,81, Stuttgart, 1848