Seite 206 - Der gro

Basic HTML-Version

202
Der große Kampf
Hunderte und Tausende, die in Erfüllung dieser Anordnung ihr Le-
ben in päpstlichen Ländern opfern müßten? Dies hieße, in jener so
verhängnisvollen Stunde die Sache des Evangeliums und die Freiheit
der Christenheit zu verraten.“ „Lieber wollten sie ... ihre Länder,
ihre Kronen, ihr Leben opfern.
„Wir verwerfen diesen Beschluß“, sagten die Fürsten. „In Ge-
wissensangelegenheiten hat die Mehrheit keine Macht.“ Die Abge-
sandten erklärten: „Das Dekret von 1526 hat den Frieden im Reich
gestiftet; hebt man es auf, so heißt das, Deutschland in Hader und
Zank zu stürzen. Der Reichstag hat keine weitere Befugnis als die
Aufrechterhaltung der Glaubensfreiheit bis zu einem Konzil.
Die
Gewissensfreiheit zu schützen, ist die Pflicht des Staates, und dies
ist die Grenze seiner Machtbefugnis in religiösen Dingen. Jede welt-
liche Regierung, die versucht, mit Hilfe der Staatsgewalt religiöse
Gebräuche zu regeln oder durchzusetzen, opfert gerade den Grund-
satz, für den die evangelischen Christen in so edler Weise kämpften.
Die Päpstlichen beschlossen, das, was sie „frechen Trotz“ nann-
ten, zu unterdrücken. Sie versuchten die Anhänger der Reformation
zu spalten, und alle, die sich nicht offen für sie erklärt hatten, einzu-
schüchtern. Die Vertreter der freien Reichsstädte wurden schließlich
vor den Reichstag geladen und aufgefordert, zu sagen, ob sie auf
die Bedingungen jenes Vorschlages eingehen wollten. Sie baten um
Bedenkzeit, aber vergebens. Als sie auf die Probe gestellt wurden,
schloß sich fast die Hälfte von ihnen den Reformatoren an. Die
sich auf diese Weise weigerten, die Gewissensfreiheit und das Recht
des persönlichen Urteils zu opfern, wußten wohl, daß ihre Stellung
sie künftigem Tadel, Verurteilung und Verfolgung aussetzen würde.
Einer der Abgeordneten bemerkte: „Das ist die erste Probe ... bald
kommt die zweite: das Wort Gottes widerrufen oder brennen.
König Ferdinand, der Stellvertreter des Kaisers auf dem Reichs-
tag, sah, daß das Dekret ernstliche Spaltungen hervorriefe, falls
die Fürsten nicht veranlaßt würden, es anzunehmen und zu unter-
stützen. Er versuchte es deshalb mit der Überredungskunst, wohl
wissend, daß Gewaltanwendung solche Männer nur noch entschie-
[202]
dener machen würde. Er „bat die Fürsten um Annahme des Dekrets,
1
D‘Aubigné, ebd., 13.Buch, 5.Abschnitt, 51ff.
1
D‘Aubigné, ebd., 13.Buch, 5.Abschnitt, 51ff.
1
D‘Aubigné, ebd., 13.Buch, 5.Abschnitt, 51ff.