Seite 212 - Der gro

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Der große Kampf
Es war eine ernste Zeit der Prüfung. Die Reformatoren waren ängst-
lich darauf bedacht, daß ihre Sache nicht mit politischen Fragen
verwechselt werde; sie fühlten, die Reformation sollte keinen andern
Einfluß ausüben als den, der vom Wort Gottes bestimmt wird. Als
die christlichen Fürsten die Konfession unterzeichnen wollten, trat
Melanchthon dazwischen und sprach: „Die Theologen, die Diener
Gottes, müssen das vorlegen, und das Gewicht der großen der Erde
muß man für andere Dinge aufsparen.“ — „Gott gebe“, antwortete
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Johann von Sachsen, „daß ihr mich nicht ausschließet, ich will tun,
was recht ist, unbekümmert um meine Krone; ich will den Herrn
bekennen. Das Kreuz Jesu Christi ist mehr wert als mein Kurhut
und mein Hermelin.
Als er dies gesagt, schrieb er seinen Namen
nieder. Ein anderer Fürst sprach, als er die Feder ergriff: „Wo es
die Ehre meines Herrn Jesu Christi gilt, bin ich bereit, Gut und Le-
ben aufzugeben ... Ehe ich eine andere Lehre als die, welche in der
Konfession enthalten ist, annehme, will ich lieber Land und Leute
aufgeben, und mit dem Stabe in der Hand aus meiner Väter Heimat
auswandern.
In dieser Weise bekundete sich der Glaube und die
Unerschrockenheit dieser Gottesmänner.
Es kam die Zeit, da sie vor dem Kaiser zu erscheinen hatten.
Karl V., auf seinem Thron sitzend, umgeben von den Kurfürsten und
Fürsten des Reiches, schenkte den protestantischen Reformatoren
Gehör. Das Bekenntnis ihres Glaubens wurde verlesen. In jener
erlauchten Versammlung wurden die Wahrheiten des Evangeliums
klar dargelegt und die Irrtümer der päpstlichen Kirche bloßgestellt.
Mit Recht ist jener Tag als der größte der Reformation, als einer der
schönsten in der Geschichte des Christentums und der Menschheit
bezeichnet worden
Nur wenige Jahre waren vergangen, seit der Mönch von Wit-
tenberg in Worms allein vor dem Reichstag Jesus Christus bekannt
hatte. Nun standen an seiner Stelle die edelsten und mächtigsten Für-
sten des Reiches vor dem Kaiser. Es war Luther untersagt worden, in
Augsburg zu erscheinen; doch mit seinen Worten und Gebeten war
er dabei. „Ich bin über alle Maßen froh“, schrieb er, „daß ich bis zu
der Stunde gelebt habe, in welcher Christus durch solche Bekenner
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D‘Aubigné, ebd., 14.Buch, 6.Abschnitt S. 147f.
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D‘Aubigné, ebd., 14.Buch, 6.Abschnitt S. 147f.
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D‘Aubigné, ebd., 14.Buch, 7.Abschnitt, 156f.