Seite 232 - Der gro

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Der große Kampf
sicht. Kamen sie an dem Hause eines Lutheraners vorbei, gab der
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Verräter ein Zeichen; kein Wort wurde gesprochen. Der Zug machte
Halt, das Haus wurde betreten, die Familie herausgeschleppt und
in Ketten gelegt, und die schreckliche Schar ging weiter, um neue
Opfer aufzusuchen. „Er schonte weder große noch kleine Häuser
noch die Gebäude der Universität ... Vor Morin zitterte die ganze
Stadt ... Es war eine Zeit der Schreckensherrschaft.
Die Opfer wurden unter grausamen Schmerzen getötet; denn ein
besonderer Befehl war ergangen, das Feuer abzuschwächen, um die
Qualen der Opfer zu verlängern. Sie starben jedoch als Sieger. Ihre
Standhaftigkeit blieb unerschüttert, ihr Friede ungetrübt. Ihre Ver-
folger, die ihrer unbeugsamen Festigkeit gegenüber machtlos waren,
fühlten sich geschlagen. „Scheiterhaufen wurden in allen Stadtteilen
von Paris errichtet, und das Verbrennen erfolgte an verschiedenen
aufeinanderfolgenden Tagen in der Absicht, durch Ausdehnung der
Hinrichtungen Furcht vor der Ketzerei zu verbreiten. Der Vorteil
blieb jedoch schließlich auf der Seite des Evangeliums. Ganz Paris
konnte sehen, was für Männer die neuen Lehren hervorbrachten!
Keine Kanzel konnte so beredt sein wie der Scheiterhaufen des Mär-
tyrers. Die stille Freude, die auf den Angesichtern jener Männer
ruhte, wenn sie dem Richtplatz zuschritten, ihr Heldenmut inmitten
der peinigenden Flammen, ihr sanftmütiges Vergeben der Beleidi-
gungen wandelten nicht selten den Zorn in Mitleid und den Haß in
Liebe um und zeugten mit unwiderstehlicher Beredsamkeit für das
Evangelium.
Die Priester, die es darauf abgesehen hatten, die Wut des Volkes
aufrechtzuerhalten, verbreiteten die schrecklichsten Anklagen gegen
die Protestanten. Man beschuldigte sie, sich verbunden zu haben,
den König zu ermorden, die Katholiken hinzuschlachten und die
Regierung zu stürzen. Aber sie konnten nicht den geringsten Beweis
zur Unterstützung dieser Behauptungen erbringen. Doch sollten die-
se Vorhersagen kommenden Unheils erfüllt werden, wenn auch unter
ganz andersartigen Umständen und aus entgegengesetzten Ursachen.
Die von den Katholiken an den unschuldigen Protestanten verübten
Grausamkeiten häuften sich zu einer Last der Vergeltung und be-
1
D‘Aubigné, ebd., 4.Buch, Kapitel 10
1
Wylie, 13.Buch, Kapitel 20