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ursprüngliche Einwand (der eine Zeitlang der einzige war), und liegt
heimlich tausend andern zugrunde, die in verschiedener Gestalt er-
scheinen. Aber machen sie den Weg himmelwärts schmaler als unser
Herr und seine Apostel ihn machten? Ist ihre Lehre strenger als die
der Bibel? Betrachtet nur einige deutliche Bibelstellen: ‚Du sollst
Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele,
von allen Kräften und von ganzem Gemüte.‘ ‚Die Menschen müssen
Rechenschaft geben am Jüngsten Gericht von einem jeglichen un-
nützen Wort, das sie geredet haben.‘ ‚Ihr esset nun oder trinket oder
was ihr tut, so tut es alles zu Gottes Ehre.‘
Lukas 10,27
;
Matthäus
12,36
;
1.Korinther 10,31
.
Wenn ihre Lehre strenger ist als dies, so sind sie zu tadeln; ihr
seid aber in eurem Gewissen überzeugt, daß dem nicht so ist. Und
wer kann um ein Jota weniger genau sein, ohne das Wort Gottes
zu verdrehen? Kann irgendein Haushalter des Geheimnisses Gottes
treu erfunden werden, wenn er irgendeinen Teil jenes heiligen Un-
terpfandes verändert? Nein, er kann nichts umstoßen; er kann nichts
gelinder machen; er ist gezwungen, allen Menschen zu erklären: Ich
darf die Heilige Schrift nicht zu eurem Geschmack herabwürdigen.
Ihr müßt euch nach ihr richten oder auf ewig zugrunde gehen. Dies
gibt allerdings Veranlassung zu dem volkstümlichen Geschrei: die
Lieblosigkeit dieser Menschen! Lieblos sind sie? In welcher Bezie-
hung? Speisen sie nicht die Hungrigen und kleiden die Nackten? Ja,
aber das ist nicht die Sache; diesbezüglich mangelt es ihnen nicht;
aber sie sind lieblos im Urteil; sie denken, es könne niemand gerettet
werden außer jenen, die auf dem von ihnen vorgeschriebenen Weg
gehen.
Das geistliche Siechtum, das sich in England unmittelbar vor
Wesleys Zeit bekundet hatte, war in hohem Grade die Folge der
gesetzesfeindlichen Lehre. Viele behaupteten, Christus habe das
Sittengesetz abgeschafft, die Christen ständen deshalb nicht mehr
unter der Verpflichtung, nach ihm zu handeln; denn ein Gläubiger
sei von der „Knechtschaft der guten Werke“ befreit. Obgleich andere
die Fortdauer des Gesetzes zugaben, erklärten sie es für unnötig, daß
die Prediger das Volk zur Beachtung seiner Vorschriften anhielten,
da die Menschen, die Gott zum Heil bestimmt habe, „durch den un-
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Wesley‘s Works, Bd. III, 152,153