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Bestrebungen des Papsttums
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Sabbat des Herrn mit Füßen zu treten. Alle, die von der Welt geehrt
werden wollten, nahmen den volkstümlichen Festtag an.
Mit der festeren Verwurzelung des Papsttums bürgerte sich auch
die Erhöhung des Sonntags ein. Eine Zeitlang befaßten sich die
Leute mit landwirtschaftlichen Arbeiten, wenn sie nicht die Kirche
besuchten, während der siebente Tag noch immer als Sabbat betrach-
tet wurde. Langsam aber sicher trat eine Änderung ein. Allen, die
kirchliche Ämter bekleideten, wurde es untersagt, am Sonntag über
zivile Streitigkeiten zu verhandeln. Bald darauf erging das Gebot,
daß alle Menschen, gleich welchen Standes — bei Geldstrafe für die
Freien und Rutenstreichen für die Dienenden —, sich am Sonntag
gewöhnlicher Arbeit zu enthalten hätten. Später wurde angeordnet,
Reiche mit dem Verlust der Hälfte ihres Vermögens zu bestrafen und
schließlich, falls sie sich noch immer widersetzlich zeigten, sie zu
Sklaven zu machen. Die Angehörigen niederer Klassen aber sollte
lebenslängliche Verbannung treffen.
Angebliche Wunderzeichen wurden vorgebracht. Unter ande-
rem wurde berichtet, daß ein Landmann, der im Begriff stand, am
Sonntag sein Feld zu pflügen, vorerst den Pflug mit einem Eisen
reinigte, wobei das Eisen fest in seiner Hand steckenblieb und er es
zwei Jahre lang „unter großen Schmerzen und zu seiner Schande
mit sich herumtragen mußte.
Später gab der Papst Anweisungen, daß Priester jeder Pfarrge-
meinde die Übertreter des Sonntagsgesetzes ermahnen und bewegen
sollten, in die Kirche zu gehen und zu beten, da sie sonst manch
ein großes Unglück über sich und ihre Nachbarn bringen könnten.
Eine Kirchenversammlung führte den seither so allgemein, sogar
von Protestanten angewandten Nachweis an, daß der Sonntag der
Sabbat sein müsse, weil Leute, die an diesem Tage arbeiteten, vom
Blitz getroffen worden waren. „Es ist augenscheinlich“, sagten die
Prälaten, „wie groß das Mißfallen Gottes ist wegen der Vernachläs-
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sigung dieses Tages.“ Dann wurde ein Aufruf erlassen, daß Priester
und Prediger, Könige und Fürsten und alle treuen Untertanen „ihre
äußerste Anstrengung und Sorgfalt anwenden sollten, damit der Tag
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West, „Historical and Practical Discourse on the Lord‘s Day“ 174