Seite 96 - Der gro

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Der große Kampf
Erstens setze ich voraus, daß das Evangelium Christi die Gesamt-
heit des Gesetzes Gottes ist ... Ich halte dafür, daß der Bischof von
Rom, insofern er Statthalter Christi auf Erden ist, vor allen anderen
Menschen am meisten an das Gesetz des Evangeliums gebunden
ist. Denn die Größe der Jünger bestand nicht in weltlicher Würde
oder Ehre, sondern in der nahen und genauen Nachfolge des Lebens
und des Wandels Christi ... Christus war während der Zeit seiner
Pilgerschaft hier ein sehr armer Mann, der alle weltliche Herrschaft
und Ehre verwarf und von sich stieß ...
Kein treuer Mensch sollte weder dem Papst noch irgendeinem
Heiligen nachfolgen, außer in den Punkten, in denen dieser Jesus
Christus nachgefolgt ist; denn Petrus und die Söhne Zebedäi sündig-
ten, indem sie nach weltlicher Ehre verlangten, die der Nachfolge
Christ zuwider ist; deshalb sollte man ihnen in jenen Irrtümern nicht
nachfolgen ...
Der Papst sollte allen irdischen Besitz und alle Herrschaft der
weltlichen Macht überlassen und dazu seine ganze Geistlichkeit
nachdrücklich bewegen und ermahnen; denn so tat Christus, und
besonders durch seine Apostel.
Habe ich in irgendeinem dieser Punkte geirrt, so will ich mich
demütigst der Zurechtweisung unterwerfen, selbst dem Tode, falls
die Notwendigkeit es so verlangt. Könnte ich nach meinem Wunsch
und Willen in eigener Person wirken, so würde ich mich dem Bischof
von Rom persönlich vorstellen, aber der Herr hat mich auf eine
andere Art heimgesucht und mich gelehrt, Gott mehr zu gehorchen
als Menschen.“
Am Ende seines Briefes sagte er: „Deshalb beten wir zu Gott,
daß er unseren Papst Urban VI. so anregen wolle, daß er mit seiner
Geistlichkeit dem Herrn Jesus Christus in Leben und Sitten nach-
folge, daß sie das Volk wirksam lehren und daß das Volk ihnen
wiederum in denselben Stücken getreulich nachfolge.
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Auf diese Weise zeigte Wiklif dem Papst und seinen Kardinälen
die Sanftmut und Demut Christi, wobei er nicht nur ihnen, sondern
der ganzen Christenheit den Gegensatz zwischen ihnen und dem
Meister, dessen Vertreter sie sein wollten, darlegte.
1
Foxe, „Acts and Monuments“, Bd. III, 49.50; Neander, „Kirchengeschichte“, 6.Per.,
2.Abschnitt, §29